Die lang erwartete Begründung des Bundesgerichtshofs zum Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 ist da. In der Entscheidung ging es um die Haftung der Eltern auf Schadenersatz für das Verhalten ihres minderjährigen Kindes, welches die Filesharingsoftware „Morpheus“ und „Bearshare“ eingesetzt hatte.

Eltern sind zwar grundsätzlich zur Führung der Aufsicht über minderjährige Kinder verpflichtet, aber der BGH setzt den Anforderungen im Zusammenhang mit Filesharing erfreulich klare Grenzen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhält-nissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichts-pflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ein Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haf-tung nach § 832 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den beson-deren Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist …

Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickel-tes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, re-gelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

Dabei sieht der Bundesgerichtshof – auch wenn erfahrungsgemäß gelegentlich ausgesprochene Verbote nicht beachtet werden – es nicht als erforderlich an, daß ohne konkreten Anlaß regelmäßige Kontrollen durchzuführen wären.

Ein Freibrief ist dies natürlich nicht. Intensive Aufklärung und das Verbot der Teilnahme an rechtswidrigen Internettauschbörsen sind wichtig. Das Thema des illegalen Downloads von Filmen, Videos und Musikdateien (und natürlicht auch von Software) muß mit Kindern besprochen werden und ein klares Verbot ist erforderlich.

Der BGH hat auch die Störerhaftung der Eltern in diesem Zusammenhang klar verneint, da „da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGHZ 185, 330 Rn. 19 – Sommer unseres Lebens, mwN).“

Insoweit hat der BGH hier der Abmahnindustrie doch klare Grenzen aufgezeigt und keineswegs nur einen „Einzelfall“ entschieden.

Quelle: BGH Urteil